Hochschule für Heilpädagogik Zürich

Departement 1 Pädagogik bei Schulschwierigkeiten

 

Diplomarbeit

 

Metakognition in der Volksschule

Eine Erhebung zum Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen von der 1. bis zur 9. Klasse

 

AppleMark

 

 


 

6                 Resultate aus der Befragung

Wir werden nun die Resultate unserer Befragung darstellen. Mit Hilfe der Daten aus unserem Fragebogen wollen wir herausfinden, ob Lehrpersonen, die im Berufsalltag stehen, den Begriff Metakognition kennen und ob diese Unterrichtsformen im Schulalltag auch tatsächlich eingesetzt werden. Dies wird aus Kapitel 6.1 ersichtlich.

Weiter interessiert uns, wie häufig die verschiedenen metakognitiven Unterrichtsformen eingesetzt werden und wie die Aspekte Klassengrösse, das Tätigkeitsgebiet einer Lehrperson, der Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache und das Schulalter den Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen beeinflussen. Dies beschreiben wir im Kapitel 6.2.

Anschliessend möchten wir herausfinden, welche Erfahrungen die Lehrpersonen mit dem Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen gemacht haben und welche Hindernisse dabei aufgetreten sind und stellen dies im Kapitel 6.3 dar.

Im Kapitel 6.4 gehen wir der Frage nach, inwiefern die Anzahl Jahre Berufserfahrung und das Geschlecht einen Einfluss auf den Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen haben.

In jedem Kapitel werden die Resultate zuerst beschrieben und anschliessend interpretiert. Falls die Auswertung der Daten hypothesengeleitet erfolgt ist, fügen wir der Interpretation zusätzlich eine Diskussion an, in der die Hypothese – bezogen auf unsere Fragestellung – entweder verifiziert oder falsifiziert wird. Wir beenden das Kapitel jeweils mit einer kurzen Zusammenfassung der für uns wichtigen Aussagen.

Auf der beigelegten CD-Rom befinden sich sämtliche Roh- und Diagrammdaten, die auf den Antworten zum Fragebogen basieren. Falls weiterführende Diagramme erstellt wurden, die nicht in der Arbeit enthalten sind, werden wir speziell darauf hinweisen. Die gesamten Inhalte sind ebenfalls im Internet unter der Adresse http://www.metakognition.ch.vu ersichtlich.

6.1            Bekanntheit und Verbreitung des Konzepts Metakognition

Als erstes werden wir nun die Ergebnisse zu den Fragen nach der Bekanntheit des Begriffes Metakognition und der Verbreitung der Anwendung der metakognitiven Unterrichtsformen darstellen und interpretieren.

6.1.1          Bekanntheit des Begriffes Metakognition

Im Fragebogen wurden die Lehrpersonen danach befragt, ob ihnen der Begriff der Metakognition bekannt sei. Dabei wurde der Begriff nicht näher definiert oder umschrieben. Es bestand allerdings die Möglichkeit, sich über einen Link im Fragebogen nähere Informationen darüber zu holen.

Wir werden nun diese Resultate analysieren. Da die Frage sehr eng mit der Frage nach der Verbreitung des Konzepts Metakognition verknüpft ist, folgt die Interpretation und Zusammenfassung beider Fragestellungen zusammen erst am Schluss des Folgekapitels unter 6.1.2.2 und 6.1.2.3.

6.1.1.1     Analyse der Resultate zur Bekanntheit des Begriffes Metakognition

Von den 103 ausgefüllten Fragebogen geben 85 der befragten Lehrpersonen an, den Begriff Metakognition schon einmal gehört zu haben. Demgegenüber stehen 18 Lehrpersonen, die den Begriff Metakognition vor dem Ausfüllen unseres Fragebogens noch nicht gekannt haben. Diese Zahlen werden im Diagramm 1 grafisch dargestellt.

Diagramm 1:   Bekanntheit des Begriffes Metakognition

Lehrpersonen, welche angeben, den Begriff Metakognition bereits gehört zu haben, haben wir anschliessend gefragt, in welchem Zusammenhang sie auf diesen Begriff gestossen sind. Dabei waren Mehrfachnennungen möglich. 53 Lehrpersonen geben an, in der Ausbildung davon gehört zu haben, 46 Personen kennen den Begriff von Weiterbildungen her, 15 von Lehrerkolleginnen und -kollegen und 21 Personen sind anderweitig auf den Begriff Metakognition gestossen. 16 dieser 21 Lehrpersonen geben an, in der Literatur dem Begriff begegnet zu sein, vier Lehrpersonen machten diverse und eine Lehrperson machte keine Angaben. Diese Zahlen sind aus dem Diagramm 2 ersichtlich.

Diagramm 2:   Woher kennen die Lehrpersonen den Begriff Metakognition?

6.1.2          Verbreitung des Konzepts Metakognition

Nun stellen wir den Lehrpersonen die Frage, ob metakognitive Unterrichtsformen bereits im eigenen Unterricht angewendet wurden. Zu diesem Zweck werden im Fragebogen verschiedene metakognitive Unterrichtsformen aufgezählt und kurz beschrieben.

6.1.2.1     Analyse der Resultate zur Verbreitung des Konzepts Metakognition

98 Lehrpersonen geben an, mit metakognitiven Unterrichtsformen bereits gearbeitet zu haben. Demgegenüber sind fünf Lehrpersonen, welche noch nie metakognitive Unterrichtsformen in der Schule eingesetzt haben. Diese Zahlen werden im Diagramm 3 grafisch dargestellt. Auf der CD-Rom ist zusätzlich ein Diagramm zur Bekanntheit jeder einzelner Unterrichtsformen unter "Bekannheit und Verbreitung des Konzepts Metakognition" ˆ "Bekanntheit der einzelnen Unterrichtsformen" ersichtlich.

Den Daten unserer Erhebung entnehmen wir weiter, dass von den 18 Lehrpersonen, welche angeben, den Begriff Metakognition nicht zu kennen, dennoch 15 Lehrerinnen und Lehrer metakognitive Unterrichtsformen anwenden. Die Unterrichtsformen "Ausführungsmodell" und "Metakognitives Fragen" werden von diesen 15 Lehrerinnen und Lehrern am häufigsten in ihrem Unterricht angewendet.

Nur drei Lehrpersonen, welche den Begriff Metakognition nicht kennen, setzten auch keine metakognitiven Unterrichtsformen ein. Von den 85 Lehrpersonen, welche den Begriff Metakognition schon gehört haben, wenden zwei keine metakognitiven Unterrichtsformen in der Schule an. Dies ergibt die insgesamt fünf Personen, welche bis anhin noch nie metakognitive Aspekte in ihrem Unterricht berücksichtigt haben.


Diagramm 3:   Verbreitung des Konzepts Metakognition

6.1.2.2     Interpretation der Daten zu Bekanntheit und Verbreitung des Konzepts Metakognition

Auf den ersten Blick scheint es, dass der Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen in der Schule überraschend weit verbreitet ist. Nur fünf der insgesamt 103 Lehrpersonen, welche an unserer Erhebung teilgenommen haben, haben in ihrem Unterricht noch nie metakognitive Unterrichtsformen angewendet.

Es gilt jedoch zu beachten, dass wir beim Nachfassen, gezielt Lehrpersonen gewählt haben, welche an der HfH studieren und daher im Rahmen ihrer Ausbildung mit dem Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen eher vertraut sind als Lehrpersonen, welche ausschliesslich eine pädagogische Grundausbildung absolviert haben. Wir können bei unseren befragten Lehrpersonen in diesem Punkt also nicht davon ausgehen, dass unsere Daten einem Durchschnittswert aus der Praxis entsprechen.

Weiter scheint uns eine interessante Feststellung, dass 15 der 103 Lehrpersonen metakognitive Unterrichtsformen anwenden, obwohl sie diesen Begriff noch nie gehört haben. Lehrpersonen setzen also einzelne metakognitive Unterrichtsformen in der Schule um, auch wenn sie den Begriff Metakognition nicht kennen.

Bis jetzt haben wir uns mit den Fragen beschäftigt, ob der Begriff der Metakognition bekannt ist und ob solche Unterrichtsformen generell eingesetzt werden. Im Weiteren interessiert uns die Frage, wie häufig die einzelnen Unterrichtsformen angewendet werden.

6.1.2.3     Zusammenfassung zu Bekanntheit und der Verbreitung des Konzeptes Metakognition

Unsere Erhebung zeigt, dass 85 der insgesamt 103 von uns befragten Lehrpersonen den Begriff "Metakognition" kennen und sogar 98 der 103 Lehrpersonen metakognitive Unterrichtsformen in der Schule anwenden. Der Begriff "Metakognition" ist den Lehrpersonen vorwiegend von der Aus- und Weiterbildung her bekannt. Der Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen scheint in der Schule weit verbreitet zu sein. Es gilt jedoch zu beachten, dass wir beim Nachfassen gezielt Lehrpersonen gewählt haben, die an der HfH studieren und daher das Konzept der Metakognition auf jeden Fall kennen. Unsere Daten widerspiegeln also kaum die Situation, wie sie im Schulalltag anzutreffen ist.

6.2            Häufigkeit der Anwendung

Lehrpersonen, welche die Frage, ob sie schon mit metakognitiven Unterrichtsformen gearbeitet haben, bejahten, wurden anschliessend nach der Häufigkeit der Anwendung der verschiedenen Unterrichtsformen befragt. In diesem Kapitel werden wir die Resultate aus dieser Frage präsentieren und unter verschiedenen Aspekten betrachten.

6.2.1          Herleitung der Indexierung

Um die Häufigkeit der Anwendung der Unterrichtsformen zu erfragen, haben wir uns entschieden, fünf Antwortmöglichkeiten anzubieten, wobei nur eine Nennung möglich war. Die fünf verschiedenen Antwortkategorien waren:

-       täglich

-       2-3 Mal wöchentlich

-       wöchentlich

-       1 Mal im Monat

-       nie

Bei der Auswertung der Antworten zur Häufigkeit stiessen wir beim Versuch, verschiedene Antwortprofile zu vergleichen, auf Schwierigkeiten. Das möchten wir anhand eines Beispiels illustrieren.

Das Diagramm 4 zeigt, wie häufig die Unterrichtsformen "Arbeitsrückblick" und "Ausführungsmodell" bei den befragten Lehrpersonen zur Anwendung kommen. Auf der X-Achse stehen die beiden Unterrichtsformen. Für jede Unterrichtsform wird eine Säule pro Antwortkategorie angezeigt. Auf der Y-Achse steht die Anzahl Nennungen der Lehrpersonen. Dieses Diagramm liest sich folgendermassen: 19 der 98 Lehrpersonen zum Beispiel, welche angeben, metakognitive Unterrichtsformen einzusetzen, wenden den Arbeitsrückblick 2-3 Mal wöchentlich an oder 8 der befragten Lehrpersonen arbeiten 1 Mal im Monat mit dem Ausführungsmodell.

Diagramm 4:   Häufigkeit der Anwendung von Arbeitsrückblick und Ausführungsmodell


Nun stellt sich uns die Frage, auf welche Weise diese Diagramme miteinander verglichen werden können. Wird jetzt insgesamt der Arbeitsrückblick oder das Ausführungsmodell häufiger im Unterricht eingesetzt? Wir haben nach einer Form gesucht, die Anwortkategorien nach der Häufigkeit der Anwendung einer einzelnen Unterrichtsform zusammen zu fassen, um diese dann einander gegenüberstellen zu können.

Wir wollten die einzelnen Nennungen jeder Unterrichtsform nicht einfach zusammen zählen und daraus einen Durchschnittswert berechen, da wir es wichtig finden, dass zum Beispiel die tägliche Anwendung einer metakognitiven Unterrichtsform mehr Gewicht erhält als die wöchentliche. Daher haben wir für die Erstellung eines Diagramms zum Vergleich der Häufigkeiten die Antwortkategorien unterschiedlich gewichtet. Diese Gewichtung ist in Tabelle 6 ersichtlich. Auf diese Weise können wir die Nennungen in jeder Kategorie umrechnen und aussagen, wie viel mal täglich eine Unterrichtsform eingesetzt wird. Dieser Umrechnungsindex schafft die gleiche Einheit. Somit können wir die verschiedenen Werte addieren und einen einzelnen Wert berechnen, der nun die Ergebnisse aus allen Antwortkategorien zusammenfasst. Dies hat den grossen Vorteil, dass sich nun die Häufigkeit der Anwendung von einzelnen Unterrichtsformen miteinander vergleichen lässt.

Kategorien zur Häufigkeit

Gewichtung

täglich

1          (jeden Tag)

2-3 Mal wöchentlich

0.5       (jeden 2. Tag)

wöchentlich

0.2       (jeden 5. Tag)

1 Mal pro Monat

0.05     (jeden 20. Tag)

nie oder keine Antwort

0

Tabelle 6:        Erklärung des Umrechnungsindex"

Wir zeigen nun in Tabelle 7 anhand des Beispieles aus Diagramm 4, wie wir die Kategorien zur Häufigkeit umrechnen und zu einer Darstellung kommen, in der sich die Resultate miteinander vergleichen lassen.

Beispiel Arbeitsrückblick:

Anzahl Nennungen

Häufigkeit der Anwendung

Umrechnung

9

täglich (Wert 1)

9 x 1 = 9

19

2-3 Mal wöchentlich (Wert 0.5)

19 x 0.5 = 9.5

25

wöchentlich (Wert 0.2)

25 x 0.2 = 5.0

16

1 Mal pro Monat (Wert 0.05)

16 x 0.05 = 0.8

29

nie oder keine Antwort (Wert 0)

29 x 0 = 0

Tabelle 7:        Umrechnungsbeispiel

Die Summe der Anzahl Nennungen ist 98 und die Summe aller Werte (9 + 9.5 + 5.0 + 0.8 + 0) entspricht der Zahl 24.3. Wenn nun die Summe aller Werte durch die Anzahl Nennungen geteilt wird (24.3 / 98), erhält man den Wert 0.25. Diese Zahl ist die gemäss unserem Index umgerechnete Häufigkeit der Anwendungen einer metakognitiven Unterrichtsform bezogen auf eine einzelne Lehrperson. Dieser Wert liegt zwischen dem Wert 0.5, welcher besagt, dass das Arbeitsheft 2-3 Mal wöchentlich eingesetzt wird und dem Wert 0.2, was bedeutet, dass das Arbeitsheft 1 Mal wöchentlich angewendet wird. Das bedeutet, dass die befragten Lehrpersonen durchschnittlich etwas häufiger als ein Mal pro Woche mit der metakognitiven Unterrichtsform Arbeitsrückblick arbeiten. Die gleiche Umrechnung ergibt beim Ausführungsmodell einen Wert von 0.29, was bedeutet, dass das Ausführungsmodell von den von uns befragten Lehrpersonen häufiger angewendet wird als der Arbeitsrückblick. Dies lässt sich aus Diagramm 5 herauslesen.

Diagramm 5:   Häufigkeit der Anwendung von Arbeitsrückblick und Ausführungsmodell gemäss Index

Bei den Diagrammen 6 – 14 sowie 33 – 34 haben wir die Häufigkeit immer mit dem beschriebenen Index berechnet. Wir sind uns bewusst, dass dies das Ergebnis unserer Daten verzerrt, doch lassen sich ohne das Schaffen dieser Vergleichswerte die Daten nicht aufgrund unserer Hypothesen auswerten. Wir sind aber der Meinung, dass diese Indexierung plausibel, sinnvoll und hilfreich ist, da es sich eigentlich letztlich nur um eine Umrechnung der Häufigkeitskategorien auf eine Häufigkeit pro Tag handelt. Der Faktor für diese Umrechnungen lässt sich dabei aus den Häufigkeitskategorien eindeutig ableiten.

Durch diese Zusammenfassung geht selbstverständlich die Information darüber verloren, wie sich die Häufigkeit im Bezug auf die einzelnen Kategorien zusammensetzt. Wir werden deshalb immer wieder auf die Diagramme mit den noch nicht verrechneten Daten von der Art des Diagramms 4 zurückgreifen, um auf spezielle Verteilungen und Strukturenmuster hinzuweisen.

6.2.2          Häufigkeit der Anwendung der verschiedenen Unterrichtsformen

Nachdem wir uns nun mit der Indexierung ein Werkzeug erarbeitet haben, mit dem wir in der Lage sind, verschiedene Unterrichtsformen in ihrer Häufigkeit zu vergleichen, wollen wir diese Methode nun auf den Vergleich aller im Fragebogen genannten Unterrichtsformen anwenden.

6.2.2.1     Analyse der Resultate zur Häufigkeit der Anwendung der metakognitive Unterrichtsformen

Dabei wurden die Antworten von allen 98 Personen ausgewertet, welche überhaupt metakognitive Unterrichtsformen im Unterricht anwenden.

Das Diagramm 6 zeigt, wie häufig welche Unterrichtsform eingesetzt wird. Auf der X-Achse stehen die einzelnen im Fragebogen vorgeschlagenen und erklärten Unterrichtsformen. Unter der Rubrik "Sonstige" ergänzten die befragten Lehrpersonen Reisetagebücher, Lerntagebücher, Werktagebücher und Sporthefte, die schriftliche Befragung, das Unterrichtsmittel "Lernen macht Spass" und das kollegiale Feedback. Darunter versteht die entsprechende Lehrperson kriteriengeleitete Rückmeldungen durch Mitschülerinnen und Mitschüler. Die Y-Achse drückt gemäss unserem Index die Häufigkeit der Anwendung der einzelnen metakognitiven Unterrichtsformen aus.

Das Diagramm 6 zeigt, dass die Unterrichtsform metakognitives Fragen mit Abstand am meisten, nämlich mehr als zwei Mal wöchentlich[5] angewendet wird, gefolgt vom Ausführungsmodell und dem Arbeitsrückblick, die etwas häufiger als einmal wöchentlich eingesetzt werden. Die Lernpartnerschaft und das metakognitive Interview werden knapp einmal pro Woche angewendet. Das Unterrichtsmittel "Ich lerne lernen" und das Arbeitsheft werden lediglich alle zwei Wochen eingesetzt und die Klassenkonferenz sowie das Selbstinstruktionstraining gar nur etwas häufiger als 1 Mal im Monat.

Diagramm 6:   Häufigkeit der Anwendung der metakognitiven Unterrichtsformen im Vergleich

Da das metakognitive Fragen mit Abstand am häufigsten eingesetzt wird, betrachten wir nun diese Unterrichtsform in Diagramm 7 genauer. Von den insgesamt 98 Lehrpersonen, welche metakognitive Unterrichtsformen anwenden, setzen 27 Lehrpersonen das metakognitive Fragen täglich ein, 23 Personen 2-3 Mal wöchentlich, 18 Personen wöchentlich, 8 Personen einmal im Monat und 22 Personen wenden diese Unterrichtsform nicht an oder haben gar keine Antwort dazu gegeben[6]. Im Vergleich zu den anderen Unterrichtsformen wird keine täglich so häufig eingesetzt wie das metakognitive Fragen. Zudem ist sie unter den Lehrpersonen weit verbreitet, da lediglich 22 von 98 Lehrkräften diese Unterrichtsform noch nie angewendet haben. Zum Vergleich sind auf der CD-Rom alle Diagramme unter "Häufigkeit der Anwendung"ˆ "Häufigkeit der Anwendung der verschiedenen Unterrichtsformen" aufgeführt.

Diagramm 7:   Häufigkeit der Anwendung der Unterrichtsform "metakognitives Fragen"

6.2.2.2     Interpretation zur Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen

Wir haben uns gefragt, warum das metakognitive Fragen im Vergleich zu den anderen Unterrichtsformen so häufig angewendet wird. Es könnte daran liegen, dass diese Unterrichtsform mündlich flexibel eingesetzt werden kann und wenig Zeit kostet. Weiter fällt auf, dass das Selbstinstruktionstraining und die Klassenkonferenz nur selten angewendet werden. Das Selbstinstruktionstraining wird von den wenigsten Personen überhaupt im Unterricht eingesetzt. Wir könnten uns vorstellen, dass es daran liegt, dass wenige Lehrpersonen diese Unterrichtsform kennen oder sie vorzugsweise nur in kleinen Gruppen anwenden, da dort mit dem Kind besser einzeln über seine verwendeten Strategien gesprochen werden kann. Die Klassenkonferenz wird etwas häufiger als einmal im Monat eingesetzt. Die seltene Anwendung der Klassenkonferenz macht in unseren Augen aber auch Sinn, da sich der Austausch von Lernerfahrungen in grösseren Gruppen oder in der Klasse abnützt, wenn er zu oft stattfindet. Unter den Einträgen in der Rubrik "Sonstige" fällt auf, dass neun Lehrpersonen noch Reisetagebücher nach Ruf/Gallin oder andere Lerntagebücher ergänzt haben. Das Arbeiten mit Hilfe von Lerntagebüchern wollten wir mit dem Arbeitsheft nach Guldimann (1996) erfassen, haben jedoch durch unsere Erhebung gemerkt, dass den Lehrpersonen der Begriff des Reisetagebuches nach dem Lehrmittel von Ruf/Gallin (1995) näher liegt. Da diese Ergänzungen der Lehrkräfte eigentlich noch in die Rubrik "Arbeitsheft" gehörten, erhöht sich der Wert bei dieser metakognitiven Unterrichtsform somit geringfügig von 0.11 auf 0.13.

6.2.2.3     Zusammenfassung zur Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen

In diesem Unterkapitel haben wir eine Indexierung hergeleitet, um die verschiedenen Unterrichtsformen in ihrer Häufigkeit der Anwendung miteinander vergleichen zu können. Der Vergleich zeigt, dass das metakognitive Fragen die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Unterrichtsform ist. Wir vermuten, dass sich dies auf die niederschwellige Anwendung dieser Unterrichtsform zurückführen lässt. Das Selbstinstruktionstraining und die Klassenkonferenz sind die am wenigsten häufig eingesetzten Unterrichtsformen. Wir könnten uns vorstellen, dass das Selbstinstruktionstraining den befragten Lehrpersonen wenig bekannt ist. Bei der Klassenkonferenz macht es unserer Ansicht nach Sinn, diese nur knapp monatlich einzusetzen, da sich eine häufige Anwendung dieser Unterrichtsform mit der Zeit abnützt. Wenn die Einträge zum Thema Lerntagebuch unter der Rubrik "Sonstige" bei der Unterrichtsform Arbeitsheft eingetragen worden wären, würde sich dieser Wert etwas nach oben korrigieren, wobei sich an der Reihenfolge unter den Unterrichtsformen aber nichts änderte.

6.2.3          Aspekt Klassengrösse

In diesem und den folgenden Unterkapiteln werden wir jeweils mit den selben Daten betreffend Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen arbeiten. Wir werden die Grundgesamtheit der Werte jeweils nach einem bestimmten Aspekt in Gruppen aufteilen und die Ergebnisse innerhalb der Gruppen analysieren und Vergleiche zwischen den Gruppen ziehen.

Als ersten Aspekt haben wir die Klassengrösse der unterrichteten Klasse gewählt. Es steht damit die Frage im Zentrum, ob und wie sich die Klassengrösse auf die Häufigkeit der Anwendung der metakognitiven Unterrichtsformen auswirkt.

Wir werden jeweils zuerst die Daten darstellen, diese interpretieren und anhand der Hypothesen diskutieren sowie abschliessend zusammenfassen.

6.2.3.1     Analyse der Resultate zum Aspekt Klassengrösse

Für die Auswertung der Daten zur Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen unter dem Blickwinkel Klassengrösse haben wir nur die Angaben der insgesamt 69 Regel- und Kleinklassenlehrkräfte verwendet, die metakognitive Unterrichtsformen einsetzen. Die Anworten der Therapeutinnen und Therapeuten, der Fachlehrkräfte und der DaZ- und ISF-Lehrpersonen wurden nicht berücksichtigt, da aus dem Fragebogen nicht ersichtlich wurde, wie gross ihre einzelnen Unterrichtsgruppen waren. Zudem sind die Daten von 13 Lehrpersonen für die Auswertung weggefallen, da diese keine oder eine ungültige Klassengrösse (über 40 oder weniger als 0) angegeben haben. Für die Auswertung von Diagramm 8 verwenden wir also die Daten von insgesamt 56 Lehrpersonen. Gemäss unserer Hypothese, welche besagt, dass metakognitive Unterrichtsformen in Klassen mit weniger als 19 Schülerinnen und Schülern häufiger angewendet werden, fassen wir für die Auswertung die Daten der Lehrpersonen mit Klassengrössen gleich oder unter 19 Schülerinnen und Schülern (= 26 Personen) und diejenigen Daten von Lehrpersonen mit Klassengrössen von über 19 Schülerinnen und Schülern (= 30 Personen) zusammen.

Die Y-Achse in Diagramm 8 beschreibt die Häufigkeit der Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen gemäss Index und die X-Achse die verschiedenen von uns im Fragebogen vorgegebenen Unterrichtsformen.

Das Diagramm 8 zeigt, dass sämtliche Unterrichtsformen in Klassen von ≤19 Schülerinnen und Schülern häufiger eingesetzt werden als in Klassen mit >19 Schülerinnen und Schülern. Die Unterschiede bezüglich der Variablen Klassengrösse bei den Unterrichtsformen "Metakognitives Interview", "Arbeitsrückblick", "Ich lerne lernen" und "Selbstinstruktionstraining" sind besonders auffallend, während der Unterschied bei der Unterrichtsform "Klassenkonferenz" minimal ist. Das metakognitive Interview wird in kleinen Klassen mehr als viermal so häufig angewendet, das Selbstinstruktionstraining zwölfmal und Ich lerne lernen und der Arbeitsrückblick doppelt so oft.

Auf der CD-Rom unter "Häufigkeit der Anwendung" ˆ "Aspekt Klassengrösse" wird für jede einzelne Unterrichtsform ein detailliertes Diagramm präsentiert.

Diagramm 8:   Häufigkeit der Anwendung unter dem Aspekt der Klassengrösse

6.2.3.2     Interpretation zum Aspekt Klassengrösse

Diagramm 8 zeigt die Tendenz, dass in kleinen Klassen (²19) häufiger metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt werden als in grossen Klassen (>19).

Dass das metakognitive Interview und das Selbstinstruktionstraining in kleinen Klassen bedeutend häufiger angewendet werden als in grossen Klassen, erklären wir uns folgendermassen: Zum metakognitiven Interview nach Brunsting-Müller (1997) gehören Fragen, die immer in ähnlicher Weise und in derselben Reihenfolge gestellt werden, was sich am besten in der Einzelsituation verwirklichen lässt. Die Einzelsituation lässt sich aber umso schwieriger einrichten, je grösser die Klasse ist. Ebenso verhält es sich mit dem Selbstinstruktionstraining nach Meichenbaum und Goodman (1971), welches zumindest bei der Einführungsphase durch eine Lehrperson individuell begleitet werden muss.

Einzig die Klassenkonferenz scheint sich für grosse wie für kleine Klassen ebenso zu eignen. Während sie für kleine Klassen eine der weniger häufig angewendeten metakognitiven Unterrichtsformen ist, bekommt sie für grosse Klassen einen deutlich höheren Stellenwert.

6.2.3.3     Diskussion zum Aspekt Klassengrösse

Die Hypothese zum Aspekt Klassengrösse lautet:

In Klassen mit bis zu neunzehn Schülerinnen und Schülern werden häufiger metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt als in Klassen mit mehr als neunzehn Schülerinnen und Schülern.

Mit der Tatsache, dass sämtliche von uns im Fragebogen aufgeführten Unterrichtsformen in kleinen Klassen häufiger eingesetzt werden als in grossen Klassen, lässt sich unsere Hypothese bestätigen. Metakognitive Arbeitsformen verlangen, dass die Lehrperson Zeit und Kapazität hat, ein Stück weit individuell mit den Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, was in kleinen Klassen begünstigt wird. Diese Aussage wird unterstützt von einem weiteren Ergebnis unserer Erhebung zum Thema Hindernisse beim Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen. 76% der Lehrpersonen bestätigen nämlich die Behauptung, die Schülerinnen und Schüler bräuchten beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen viel Unterstützung durch die Lehrperson. Die Daten dazu werden im Kapitel 6.3.2.1 aufgeführt.

Guldimann (1996) weist bei seiner Beschreibung der Instrumente zur Förderung der Entwicklung von metakognitiven Strategien explizit darauf hin, dass deren Anwendung im Rahmen des regulären Unterrichtes möglich sein muss. Wir denken, er ist sich der Tatsache bewusst, dass metakogntive Unterrichtsformen vorwiegend in kleinen Unterrichtsgruppen oder in der Einzelsituation angewendet werden und hat bewusst Unterrichtsformen entwickelt, die diese Tendenz aufbrechen könnten.

Im Weiteren gilt es zu beachten, dass die Resultate unter dem Aspekt der Klassengrösse durch eine weitere Variable beeinflusst werden: Der Aspekt des Tätigkeitsfeldes. Ob eine Lehrkraft also im heilpädagogischen Umfeld oder an einer Regelklasse tätig ist, spielt auch in den Aspekt Klassengrösse hinein. Mehr als 50% der 26 Lehrpersonen, die eine Klassengrösse von 19 Kindern und weniger haben, sind im heilpädagogischen Umfeld tätig. Ausnahmslos alle Kleinklassenlehrkräfte gehören in die Gruppe der "kleinen" Klassen. Das belegt, dass die beiden Variablen "Klassengrösse" und "Tätigkeitsfeld" nicht unabhängig voneinander sind.

Dies stellt die präsentierten Resultate nicht in Frage, sie müssen aber im Zusammenhang mit den Ergebnissen aus dem folgenden Kapitel betrachtet werden, wo die Häufigkeiten unter dem Aspekt Tätigkeitsfeld betrachtet werden.

6.2.3.4     Zusammenfassung zum Aspekt Klassengrösse

Bezüglich des Aspekts Klassengrösse zeigt sich die Tendenz, dass in Klassen mit bis zu 19 Schülerinnen und Schülern häufiger metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt werden als in grossen Klassen mit mehr als 19 Schülerinnen und Schüler. Die Differenzen zwischen den beiden Vergleichsgruppen sind beim metakognitiven Interview und beim Selbstinstruktionstraining beachtlich. Dies lässt sich allenfalls darauf zurückführen, dass beide Unterrichtsformen eine speziell grosse individuelle Unterstützung durch die Lehrperson verlangen, was in kleinen Klassen begünstigt wird.

Es gilt zu beachten, dass die Resultate unter dem Aspekt der Klassengrösse durch eine weitere Variable beeinflusst werden: Die Variable "Tätigkeitsfeld". Mehr als 50% der 26 Lehrpersonen, die eine Klassengrösse von 19 Kindern und weniger haben, sind nämlich im heilpädagogischen Umfeld tätig.

6.2.4          Aspekt Tätigkeitsgebiet einer Lehrperson

Als nächster Aspekt folgt die Unterteilung nach dem Tätigkeitsgebiet der Lehrperson. Nun geht es um die Frage, wie es sich auf die Häufigkeit der Anwendung der metakognitiven Unterrichtsformen auswirkt, ob eine Lehrperson im heilpädagogischen oder im Regelklassenumfeld tätig ist.

6.2.4.1     Analyse der Resultate zum Aspekt Tätigkeitsgebiet einer Lehrperson

Beim Diagramm 9 verwenden wir grundsätzlich die Daten derjenigen Lehrpersonen, die in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind, das heisst, als Kleinklassen-, ISF-Lehrpersonen oder Therapeutinnen und Therapeuten arbeiten sowie der Regelklassenlehrkräfte. Die Daten von 25 Lehrkräften fallen weg, da diese als Fachlehrerinnen und Fachlehrer oder im DaZ- Bereich unterrichten oder keine Angaben zu ihrem Tätigkeitsgebiet gemacht haben (14), in einer Regelklasse und zugleich in einem ISF-Modell oder einer Kleinklasse unterrichten[7] (6) oder metakognitive Unterrichtsformen generell nicht anwenden (5). Insgesamt werden also die Daten von 78 befragten Lehrpersonen ausgewertet, 39 Regelklassenlehrpersonen und 39 Lehrerinnen und Lehrer, welche in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind. Die Y-Achse bildet die Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen gemäss unserem Index und die X-Achse listet die verschiedenen Unterrichtsformen auf.

Aus dem Diagramm 9 wird ersichtlich, dass die Unterrichtsformen "Arbeitsrückblick", "Ausführungsmodell", "Lernpartnerschaft", "Metakognitives Fragen", "Metakognitives Interview" und "Selbstinstruktionstraining" häufiger von Lehrkräften angewendet werden, welche in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind, als von Regelklassenlehrkräften. Die Unterrichtsform "metakognitives Interview" wird im heilpädagogischen Tätigkeitsgebiet sogar siebenmal und das Selbstinstruktionstraining dreimal so häufig eingesetzt wie im Regelklassenumfeld. Im Gegensatz dazu werden die Unterrichtsformen "Ich lerne lernen", "Arbeitsheft" und "Klassenkonferenz" minim häufiger von Lehrpersonen eingesetzt, welche Regelklassen unterrichten.

Diagramm 9:   Häufigkeit der Anwendung unter dem Aspekt des Tätigkeitsgebiets

Um diesen grossen Unterschied beim Einsatz der Unterrichtsform "Metakognitives Interview" zwischen dem heilpädagogischen Arbeitsbereich und dem Regelklassenumfeld genauer betrachten zu können, fügen wir das Diagramm 10 mit der detaillierten Aufstellung der Anworten an. Die Y-Achse zeigt die Anzahl der Nennungen in Prozent und die X-Achse enthält die beiden für uns relevanten Tätigkeitsgebiete. Die Häufigkeit der Anwendung derjenigen Lehrpersonen, die im heilpädagogischen Bereich arbeiten, beträgt zwischen 13 und 23% für alle Kategorien, bei denen die Unterrichtsform tatsächlich angewendet wird. Auffallend ist, dass lediglich 26% dieser Lehrpersonen das metakognitive Interview nicht anwenden oder gar keine Antwort gegeben haben im Vergleich zu den knapp 80% Lehrpersonen des Regelklassenumfeldes, welche das metakognitive Fragen nicht einsetzen. Die Anwendung der Lehrpersonen des Regelklassenumfeldes liegt in allen Häufigkeitskategorien unter 10%. Auf der CD-Rom sind die präzisen Diagramme zu den restlichen Unterrichtsformen unter "Häufigkeit der Anwendung" ˆ "Aspekt Tätigkeitsgebiet" einzusehen.

Diagramm 10: Häufigkeit der Anwendung "metakognitives Interview" unter dem Aspekt Tätigkeitsgebiet

6.2.4.2     Interpretation zum Aspekt Tätigkeitsgebiet einer Lehrperson

Das Diagramm 9 zeigt unserer Ansicht nach, dass Lehrkräfte, welche im heilpädagogischen Tätigkeitsbereich arbeiten, mehrheitlich häufiger metakognitive Unterrichtsformen einsetzen als Regelklassenlehrkräfte. Wir denken, es liegt daran, dass Lehrpersonen, welche in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind, im Rahmen ihrer Zusatzausbildung verschiedene metakognitive Unterrichtsformen kennengelernt und ausprobiert haben. Die Beobachtung, dass das metakognitive Interview im heilpädagogischen Arbeitsfeld siebenmal so oft eingesetzt wird wie im Regelklassenumfeld lässt sich damit begründen, dass gerade für Kinder, welche einen speziellen Förderbedarf aufweisen, Unterrichtsformen von Bedeutung sind, welche den individuellen Lernstand berücksichtigen und das bestehende Wissen ernst nehmen. Dies lässt sich zum Beispiel mit der Unterrichtsform "Metakognitives Interview" erreichen.

6.2.4.3     Diskussion zum Aspekt Tätigkeitsgebiet einer Lehrperson

Die Hypothese zur Variablen "Tätigkeitsgebiet" lautet:

Eine Lehrkraft, welche im Rahmen der Volksschule in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig ist, setzt häufiger metakognitive Unterrichtsformen ein.

Die Ergebnisse aus Diagramm 9 bestätigen grundsätzlich diese Hypothese. Wenige Unterrichtsformen weichen nur unwesentlich von dieser Aussage ab. Beim Selbstinstruktionstraining und beim metakognitiven Interview zeigen sich bei beiden Variablen die grössten Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen.

Mackowiak (2004) schreibt, dass die Vermittlung von Lernstrategien besonders angezeigt ist bei Schülerinnen und Schülern, die ihre intellektuellen Fähigkeiten nicht adäquat in schulische Leistungen umsetzen können. Wenn man davon ausgeht, dass die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler, die eine ISF oder eine Kleinklasse besuchen, nach Jegge (1991) nicht an ihrer genetischen Begabungsschranke anstösst sondern an soziokulturellen und psychischen Beschränkungen, ist es gerade im heilpädagogischen Bereich von grosser Wichtigkeit, dass sich die Schülerinnen und Schüler den metakognitiven Aspekt des Lernens zu Nutze machen können. Daher ist es unserer Ansicht nach ein sehr erfreuliches Ergebnis, dass Lehrpersonen, welche in einem heilpädagogischen Tätigkeitsgebiet arbeiten, vermehrt darauf achten, metakognitive Unterrichtsformen einzusetzen.

Auch hier gilt es wieder zu beachten, dass die Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen unter dem Aspekt Tätigkeitsgebiet von der Variablen Klassengrösse beeinflusst wird, da Lehrpersonen, welche in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind, tendenziell auch mit kleineren Kindergruppen arbeiten.

6.2.4.4     Zusammenfassung zum Aspekt Tätigkeitsgebiet einer Lehrperson

Unsere Erhebung zeigt, dass Lehrpersonen, welche in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind, häufiger Unterrichtsformen anwenden, die den metakognitiven Aspekt des Lernens berücksichtigen, als Regelklassenlehrkräfte, was unsere Hypothese grundsätzlich bestätigt. Dies könnte daran liegen, dass Lehrpersonen, welche in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind, üblicherweise auch eine weiterführende Ausbildung absolviert haben, in welcher sie solche Unterrichtsformen kennen gelernt haben.

Die Beobachtung, dass das metakognitive Interview im heilpädagogischen Arbeitsfeld siebenmal so oft eingesetzt wird wie im Regelklassenumfeld lässt sich damit begründen, dass gerade für Kinder, welche einen speziellen Förderbedarf aufweisen, Unterrichtsformen von Bedeutung sind, welche den individuellen Lernstand berücksichtigen, was sich zum Beispiel mit der Unterrichtsform "Metakognitives Interview" erreichen lässt.

Es ist erfreulich, dass Lehrpersonen, die in einem heilpädagogischen Bereich arbeiten, speziell den Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen berücksichtigen. Nach Jegge (1991) stossen nämlich die meisten Kinder mit Lern- oder Leistungsschwierigkeiten nicht an ihrer genetischen Begabungsschranke sondern an soziokulturellen und psychischen Beschränkungen an. Daher ist es gerade im heilpädagogischen Bereich von grosser Wichtigkeit, dass die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe metakognitiver Strategien lernen, ihre intellektuellen Fähigkeiten adäquat in schulische Leistungen umzusetzen.

6.2.5          Aspekt Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache

In diesem Kapitel gehen wir der Frage nach, ob der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Deutsch als Zweitsprache in einer Klasse einen Einfluss auf den Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen hat.

6.2.5.1     Analyse der Resultate zum Aspekt Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache

Für die Auswertung der Daten in Diagramm 11 haben wir die Antworten von insgesamt 78 Lehrpersonen verwendet, von 51 Lehrerinnen und Lehrern mit einer Unterrichtsgruppe von einem DaZ-Anteil unter 40% und von 27 Lehrerinnen und Lehrern mit Klassen von einem DaZ-Anteil über 40%. Die Angabe von 25 Personen konnten nicht ausgewertet werden, da diese gar keine metakognitiven Unterrichtsformen einsetzen (5), keine Klassengrössen oder keine bzw. eine ungültige Anzahl DaZ-Kinder angegeben haben (20).

Die Y-Achse enthält die Häufigkeit gemäss unserem Index und die X-Achse alle im Fragebogen aufgeführten metakognitiven Unterrichtsformen. Das Diagramm zeigt, dass mit Ausnahme der Unterrichtsformen "Arbeitsrückblick" und "Klassenkonferenz" alle Unterrichtsformen von Unterrichtsklassen und -gruppen mit einem Anteil von Kindern mit DaZ von über 40% häufiger eingesetzt werden. Mit Ausnahme des metakognitiven Fragens zeigen sich jedoch keine grossen Unterschiede.

Auf der CD-Rom sind unter "Häufigkeit der Anwendung" ˆ "Aspekt Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache" zusätzlich die Diagrammdaten der einzelnen Unterrichtsformen bezogen auf Lehrpersonen von Regelklassen wie auch auf Lehrpersonen aus dem heilpädagogischen Umfeld ersichtlich.

Diagramm 11: Häufigkeit der Anwendung unter dem Aspekt Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache

Da die Unterschiede eher gering ausfallen und unsere Erhebung einen hohen Anteil an Lehrpersonen enthält, welche in einem heilpädagogischen Arbeitsfeld tätig sind, mit Unterrichtsgruppen arbeiten, die einen prozentual hohen Anteil an DaZ-Kindern aufweisen[8] und – wie wir bereits gesehen haben – vermehrt metakognitive Unterrichtsformen einsetzen, fügen wir noch Diagramm 12 an. Diagramm 12 beschreibt ebenfalls die Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen unter dem Blickwinkel des Anteils Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache, berücksichtigt jedoch nur die Daten der Regelklassenlehrpersonen. Für dieses Diagramm wurden die Daten von allen 54 Regelklassenlehrkräften verwendet. Davon ausgeschlossen sind Lehrpersonen, die eine Regelklasse unterrichten und gleichzeitig an einer ISF oder Kleinklasse tätig sind (6), die keine metakognitiven Unterrichtsformen anwenden (5) oder die keine Angaben zur Klassengrösse oder zur Anzahl Kinder mit Deutsch als Zweitsprache gemacht haben (6). Wir werten die Daten von 37 Lehrpersonen aus, wobei wir anmerken müssen, dass die 10 Lehrpersonen bei einem DaZ-Anteil von unter 40% nicht mehr als statistisch relevant angesehen werden können.

Die Y-Achse drückt wiederum die Häufigkeit gemäss unserem Index aus und die X-Achse die verschiedenen Unterrichtsformen. Auch aus diesem Diagramm geht hervor, dass Klassen mit über 40% DaZ-Kindern mit Ausnahme der Rubrik "Sonstige", "Metakognitives Interview" und "Klassenkonferenz" häufiger metakognitive Unterrichtsformen einsetzen. Die Unterrichtsformen "Ausführungsmodell" und "Klassenkonferenz" weisen jedoch keinen deutlichen Unterschied auf.

Diagramm 12: Häufigkeit der Anwendung in der Regelklasse unter dem Aspekt Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache

Auf der CD-Rom unter "Häufigkeit der Anwendung" ˆ "Aspekt Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache" ist ein weiteres Diagramm ersichtlich, welches nur die Daten der Lehrpersonen aus dem heilpädagogischen Umfeld berücksichtigt. Des Weiteren sind am selben Ort die Diagrammdaten bezogen auf jede einzelne Unterrichtsform einsehbar.


6.2.5.2     Interpretation zum Aspekt Deutsch als Zweitsprache

Insgesamt zeigt Diagramm 11, dass metakognitive Unterrichtsformen in Klassen mit über 40% DaZ-Kindern generell häufiger eingesetzt werden. Diese Tendenz wird von Diagramm 12 noch klarer bestätigt, obwohl dort zu berücksichtigen ist, dass die eine Gruppe der befragten Lehrpersonen nicht repräsentativ ist, da sie nur aus 10 Personen besteht.

Problematisch ist das Verwischen der Ergebnisse bei Lehrpersonen, die an mehreren Klassen oder Gruppen unterrichten, da es hier unmöglich ist, die Anworten den einzelnen Gruppen zuzuordnen. Falls die Klassen oder Gruppen bezüglich des Anteils Kinder mit Deutsch als Zweitsprache stark variieren, könnte sich hieraus eine Unschärfe ergeben.

6.2.5.3     Diskussion zum Aspekt Deutsch als Zweitsprache

Auf die Frage nach dem Einfluss der Zweitsprachigkeit auf die Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen, sind wir von folgender Hypothese ausgegangen:

In Klassen mit einem Anteil an Kindern mit Deutsch als Zweitsprache von  40% oder mehr werden kaum noch metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt.

Die Ergebnisse aus diesem Kapitel widerlegen unsere Hypothese und überraschen uns. Obwohl Kinder mit Deutsch als Zweitsprache beim mündlichen und schriftlichen Formulieren ihrer Lernerfahrungen stärker herausgefordert sind als Kinder mit deutscher Muttersprache, werden in Klassen mit einem hohen Anteil von DaZ-Kindern häufiger metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt.

Wir erklären uns dieses Ergebnis folgendermassen: Schulen mit Klassen, die einen hohen Anteil von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache aufweisen, müssen gezwungenermassen auf eine grosse Heterogenität in der Klasse reagieren. Viele der metakognitiven Unterrichtsformen können auch eingesetzt werden, um den Unterricht zu individualisieren. Wir denken da zum Beispiel an das Arbeitsheft oder an das metakognitive Fragen, zwei Unterrichtsformen, die den individuellen Lernstand eines Kindes berücksichtigen und es ihm ermöglichen, neues an bereits bestehendes Wissen anzuknüpfen. Rüesch (1999) schreibt auf die Frage nach effektivem Unterricht für Kinder aus Immigrantenfamilien, dass ein erfolgreiches Förderprogramm zusätzlich zur Verwirklichung des Konzeptes der direkten Instruktion[9] möglichst optimal an die individuellen Lernbedürfnisse angepasst sein muss.

Einige Unterrichtsformen wie zum Beispiel die Lernpartnerschaft oder die Klassenkonferenz fördern die Zusammenarbeit und das Verständnis der Kinder untereinander, was dem Unterricht in einem multikulturellen Umfeld ebenfalls Rechnung trägt.


6.2.5.4     Zusammenfassung zum Aspekt Anteil Kinder mit Deutsch als Zweitsprache

In Klassen und Unterrichtsgruppen mit einem DaZ-Anteil von über 40% werden entgegen unserer Hypothese die im Fragebogen vorgegebenen metakognitiven Unterrichtsformen –mit zwei Ausnahmen– häufiger angewendet. Wir stellen uns vor, dass Schulen mit Klassen, die einen hohen Anteil von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache aufweisen, auf die grosse Heterogenität in der Klasse reagieren müssen. Da bieten sich die metakognitiven Arbeitsformen auch an, um individualisierend zu unterrichten.

6.2.6          Aspekt Schulalter

In diesem Kapitel gehen wir der Frage nach, ob das Schulalter der Kinder einen Einfluss auf den Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen hat.

6.2.6.1     Analyse der Resultate zum Aspekt Schulalter

Eigentlich wollten wir hier die Daten nach Klassen auswerten, um den Verlauf des Einsatzes von metakognitiven Unterrichtsformen über die neun Schuljahre hinweg beobachten zu können. Wir stiessen jedoch auf das Problem, dass nur 56 der 103 befragten Lehrkräfte ausschliesslich an Klassen des gleichen Schuljahrs unterrichten. Die anderen Lehrpersonen arbeiten alle an mehreren Klassen oder unterrichten zwei und mehr Klassen gleichzeitig. Bei solchen Lehrpersonen konnten wir aus unserem Fragebogen heraus nicht mehr eruieren, auf welches Schulalter sich ihre Antworten beziehen. Die Daten der 56 Lehrpersonen, welche nur an einer Klasse unterrichten, aufgeteilt auf die neun Schuljahre, ergibt, wie Tabelle 8 zeigt, zu wenige Lehrpersonen pro Klasse, als dass damit aussagekräftige Ergebnisse erzielt werden könnten.



Schulalter

Anzahl Lehrpersonen

 

Schulalter

Anzahl Lehrpersonen

1. Klasse

13

 

6. Klasse

6

2. Klasse

8

 

7. Klasse

3

3. Klasse

6

 

8. Klasse

2

4. Klasse

9

 

9. Klasse

1

5. Klasse

8

 

 

 

Tabelle 8:        Anzahl Lehrpersonen pro Klasse, die jeweils nur ein Schulalter unterrichten

Daher haben wir uns entschieden, die Antworten der Lehrkräfte stufenbezogen auszuwerten. Für die Auswertung der Daten, wie es Diagramm 13 zeigt, haben wir die Antworten aller 103 Lehrpersonen verwendet, unter der Bedingung, dass diese lediglich an einer Stufe unterrichten. Weggefallen sind daher die Daten von Lehrpersonen, die stufenübergreifend arbeiten (25), die keine Klassenangaben gemacht (3) und die noch nie metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt haben (5). Insgesamt haben wir also die Angaben von 70 Lehrpersonen verwendet. 31 Personen arbeiten ausschliesslich an der Unterstufe, 27 an der Mittelstufe und 12 an der Oberstufe.

Die Y-Achse von Diagramm 13 zeigt die Häufigkeit der Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen gemäss unserem Index und die X-Achse enthält die verschiedenen Unterrichtsformen. Das Diagramm zeigt auf, dass an der Oberstufe bei allen von uns im Fragebogen vorgegebenen metakognitiven Unterrichtsformen der Einsatz am häufigsten ist. Der Vergleich zwischen der Unter- und der Mittelstufe fällt folgendermassen aus: Bei den Unterrichtsformen "Ich lerne lernen", "Arbeitsheft", "Arbeitsrückblick" und "Klassenkonferenz" sind die Unterschiede bezüglich der Häufigkeit des Einsatzes unbedeutend. Das Ausführungsmodell, das metakognitive Fragen, das metakognitive Interview und das Selbstinstruktionstraining werden an der Unterstufe häufiger eingesetzt. Einzig die Lernpartnerschaft wird in der Mittelstufe öfter angewendet als in der Unterstufe.

Den Diagrammen 13 und 14 liegen wiederum Auswertungen bezogen auf die einzelnen Unterrichtsformen zugrunde, die auf der CD-Rom unter "Häufigkeit der Anwendung" ˆ "Aspekt Schulstufe" ˆ "Diagrammdaten bezogen auf Schulstufen" ersichtlich sind. Zudem befinden sich unter dem selben Aspekt bei ˆ "Diagrammdaten bezogen auf Klassen" Diagramme, die die Häufigkeit des Einsatzes nach Klassen aufgliedert.

Diagramm 13: Häufigkeit der Anwendung unter dem Aspekt verschiedener Schulstufen (1)


In Diagramm 14 werden die gleichen Werte auf eine andere Art grafisch dargestellt, um ein noch aussagekräftigeres Bild zu erhalten. Die Y-Achse enthält die Häufigkeit des Einsatzes gemäss unserem Index und die X-Achse die einzelnen Schulstufen. Im Diagramm 14 ist ebenfalls deutlich ersichtlich, dass der Wert bezüglich des Einsatzes metakognitiver Unterrichtsformen an der Oberstufe generell über demjenigen der Mittel- sowie der Unterstufe liegt. In dieser Darstellungsform ist zudem ein Knick nach unten in der Häufigkeit während der Mittelstufe erkennbar. Mit Ausnahme der Lernpartnerschaft erhöht sich der Einsatz metakognitiver Arbeitsformen von der Unter- in die Mittelstufe nicht, er stagniert oder geht deutlich nach unten.

Diagramm 14: Häufigkeit der Anwendung unter dem Aspekt verschiedener Schulstufen (2)

6.2.6.2     Interpretation zum Aspekt Schulalter

Es zeigt sich eine steigende Grundtendenz bezüglich der Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen. Diese Tendenz wird jedoch von den Werten bezüglich der Häufigkeit an der Mittelstufe deutlich unterbrochen. Im Vergleich zur Unterstufe bleibt der Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen in der Mittelstufe konstant oder geht klar zurück. An der Oberstufe nimmt im Vergleich zur Mittelstufe die Häufigkeit des Einsatzes metakognitiver Elemente bei allen aufgeführten Unterrichtsformen deutlich zu. Allerdings müssen wir anmerken, dass die Ergebnisse der Oberstufe aufgrund der kleinen Anzahl Antworten von Oberstufenlehrpersonen mit Vorsicht zu interpretieren sind.

6.2.6.3     Diskussion zum Aspekt Schulalter

Auf die Frage nach dem Einfluss des Aspektes Schulalter auf die Häufigkeit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen, sind wir von folgender Hypothese ausgegangen:

Mit zunehmendem Alter der Schülerinnen und Schüler werden häufiger metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt.


Zum einen lässt sich unsere Hypothese bestätigen. Es ist ein Zuwachs am Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen bezüglich des Schulalters beobachtbar. In der Oberstufe wird nämlich eindeutig am häufigsten metakognitives Lernen angeregt. Diese Tendenz weist aber in der Mittelstufe einen grossen Knick auf. Von der Entwicklung des Kindes her ist diese Abnahme des Einsatzes metakognitiver Unterrichtsformen nicht nachvollziehbar. Wir finden es sehr schade, dass der grosse Lernzuwachs der Schülerinnen und Schüler in der Mittelstufe im fachlichen Bereich nicht einhergeht mit der Entwicklung metakognitiver Kompetenzen, da die Schülerinnen und Schüler diesbezüglich im Unterricht wenig Anregungen bekommen. Wir haben nach Erklärungen für dieses Ergebnis gesucht und könnten uns vorstellen, dass Mittelstufenlehrpersonen wegen des †bertrittes in der sechsten Klasse unter grossem Stoffdruck stehen und daher aus Zeitgründen weniger metakognitive Unterrichtsformen einsetzen. Diese Vermutung wird dadurch bestärkt, dass 73% der Lehrpersonen in unserer Erhebung den grossen Zeitaufwand beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen als Hindernis bestätigen. Die Ergebnisse dazu sind in Kapitel 6.3.2.1 ersichtlich.

Bezüglich der grossen Häufigkeit der Anwendung in der Oberstufe muss allerdings berücksichtigt werden, dass lediglich drei der zwölf Oberstufenlehrpersonen ausschliesslich eine Regelklasse unterrichten. Die anderen Lehrpersonen arbeiten in einem heilpädagogischen Umfeld, in welchem – wie wir bereits gesehen haben – häufiger metakognitive Unterrichtsformen angewendet werden.

6.2.6.4     Zusammenfassung zum Aspekt Schulalter

Mit zunehmendem Alter werden grundsätzlich häufiger metakognitive Unterrichtsformen eingesetzt. Diese Tendenz weist aber in der Mittelstufe einen grossen Knick auf. Von der Entwicklung des Kindes her ist diese Abnahme des Einsatzes metakognitiver Unterrichtsformen nicht nachvollziehbar. Wir erklären uns dies damit, dass Mittelstufenlehrpersonen wegen des †bertritts in die Oberstufe unter grossem Stoffdruck stehen und ihnen daher die Zeit fehlt, metakognitive Aspekte im Unterricht ausgiebig zu thematisieren.


6.3            Beurteilung der Wirksamkeit

Wir haben mit unserer Erhebung auch Antworten gesucht auf die Frage, wie Lehrkräfte den Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen erleben, wie sie deren Nutzen einschätzen und welche Erfahrungen sie dabei machen. Zudem suchen wir Antworten zur Einschätzung der Lehrpersonen bezüglich der Hindernisse beim Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen.

Wir werden wiederum jeweils zuerst die Daten darstellen, diese interpretieren und aufgrund der Hypothesen diskutieren. Zum Schluss folgt eine kurze Zusammenfassung zu den entsprechenden Resultaten.

6.3.1          Erfahrungen mit der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen

Wir gehen nun der Frage nach, wie sich die Lehrpersonen zu den Aussagen stellen, die Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen wirke sich positiv auf die Entwicklung verschiedener Fertigkeiten aus.

6.3.1.1     Analyse der Resultate zu den Erfahrungen

Für die Auswertung der folgenden Diagramme haben wir die Daten von 98 Lehrpersonen verwendet. Die Daten der fünf Personen, welche noch nie metakognitive Unterrichtsformen angewendet haben, konnten nicht berücksichtigt werden. Unter der Rubrik "Sonstige" wurden von den Lehrpersonen noch diverse interessante €usserungen bezüglich weiterer Fertigkeiten gemacht, welche ihrer Meinung nach durch die Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen gefördert werden. Die Lehrpersonen haben zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass die Schülerinnen und Schüler durch den Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen selbstsicherer werden, ihr negatives Selbstbild verbessern können, ihre Sprachkompetenzen erweitern, ein Interesse entwickeln, sich neues Wissen anzueignen und dass sie lernen, mitzudenken und bei allfälligen Problemen Verantwortung zu übernehmen sowie mithelfen, nach Lösungen zu suchen.

Die nun folgenden acht Kreisdiagramme zeigen, wie die von uns befragten Lehrpersonen zu unseren "Thesen" bezüglich der positiven Entwicklung verschiedener Fertigkeiten stehen. Bei der Darstellung der Diagramme haben wir dieselbe Reihenfolge gewählt, wie bei der Auflistung der Fertigkeiten im Fragebogen. Ebenso haben wir darauf geachtet, immer die gleichen Farben für Zustimmung und Ablehnung zu wählen.


Diagramm 15 zeigt, dass 91% der befragen Lehrkräfte der Behauptung, dass die Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen den Schülerinnen und Schülern dazu verhilft, selbständiger zu lernen, entweder voll und ganz oder zumindest eher zustimmen. Lediglich 4% sagen, dass dies eher nicht stimme. Keine der befragten Lehrpersonen ist der Meinung, dass diese Aussage gar nicht stimme. 5% geben an, diesbezüglich noch keine Erfahrung gemacht zu haben, oder haben keine Antwort abgegeben.

Diagramm 15: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler lernen
selbständiger"

Diagramm 16 zeigt, dass 84% der von uns befragten Lehrpersonen der Meinung sind, dass die Schülerinnen und Schüler durch die Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen ihre eigenen Stärken und Schwächen kennen. 8% verneinen dies und 8% haben diesbezüglich keine Erfahrung gemacht oder keine Antwort gegeben.

Diagramm 16: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler kennen
ihre Stärken und Schwächen"

Diagramm 17 zeigt, dass 89% der Lehrpersonen der Aussage die Schülerinnen und Schüler kennen eigene Lernstrategien entweder voll und ganz oder zumindest eher zustimmen. 5% verneinen diese Aussage und 6% haben diesbezüglich keine Erfahrung gemacht oder keine Antwort gegeben.

Diagramm 17: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler kennen
eigene Lernstrategien"

Diagramm 18 zeigt, dass 71% der Lehrpersonen der Meinung sind, dass die Schülerinnen und Schüler durch den Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen lernen, ihre Lernstrategien bewusst einzusetzen. 18% stimmen dieser Aussage entweder eher nicht oder gar nicht zu und 11% haben diesbezüglich noch keine Erfahrungen gemacht oder keine Antwort abgegeben. Bei dieser Aussage tritt nun auch zum ersten Mal ein Teil der befragten Lehrkräfte dafür ein, dass diese These gar nicht stimmt.

Diagramm 18: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler setzen
Lernstrategien bewusst ein"

Diagramm 19 zeigt, dass 63% der Lehrpersonen bestätigen, dass die Schülerinnen und Schüler durch die Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen ihre Arbeiten selbständig planen lernen. 24% verneinen dies und 13% haben damit keine Erfahrung gemacht oder keine Antwort angegeben.

Diagramm 19: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler planen ihre
Arbeit selbständig"

Aus Diagramm 20 wird ersichtlich, dass 66% der von uns befragten Lehrpersonen der Ansicht sind, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, das Ergebnis ihrer Arbeit realistisch einzuschätzen. 25% stimmen dieser Aussage nicht zu und 9% haben diesbezüglich keine Erfahrung gemacht oder keine Antwort angegeben.

Diagramm 20: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler können das Ergebnis der Arbeit realistisch einschätzen"

Diagramm 21 zeigt auf, dass 74% der Lehrpersonen der Meinung sind, dass die Schülerinnen und Schüler durch den Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen wissen, wo sie sich relevante Informationen und Hilfsmittel beschaffen können. 18% verneinen dies und 8% haben diesbezüglich noch keine Erfahrungen gemacht oder keine Antwort abgegeben.

Diagramm 21: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler wissen, wo sie sich relevante Informationen und Hilfsmittel beschaffen können"

Diagramm 22 zeigt, dass 73% der Lehrpersonen der Ansicht sind, dass die Schülerinnen und Schüler durch den Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen teamfähiger werden. 14% stimmen dieser Aussage nicht zu und 13% äussern, sie hätten damit keinerlei Erfahrungen gemacht oder haben keine Antwort abgegeben.

Diagramm 22: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler werden
teamfähiger"

Die Kreisdiagramme zeigen die Einschätzungen der von uns befragten Lehrpersonen bezüglich der positiven Entwicklung von verschiedenen Fertigkeiten bei der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen. Wir stellen nun diese Einschätzungen vergleichend dar. Um dies zu tun, haben wir die fünf Antwortkategorien jeweils mit einer Ziffer codiert. So entspricht die Aussage "stimmt voll und ganz" dem Wert 1, "stimmt eher" dem Wert 2, "stimmt eher nicht" dem Wert 3, "stimmt gar nicht" dem Wert 4 und die Aussage "keine Erfahrung gemacht" dem Wert 5.

Die Mittelwerte und Standardabweichungen werden nun anhand dieser Werte berechnet. Der Wert 5 wird dabei nicht berücksichtigt. Es werden also nur diejenigen Wortmeldungen berücksichtigt, die entweder eine Zustimmung oder eine Ablehnung beinhalten.

Anhand der Diagramme 23 und 24 stellen wir nun Vergleiche zwischen den Einschätzungen zu den verschiedenen Aussagen an.

Die Y-Achse von Diagramm 23 zeigt den Mittelwert der jeweiligen Einschätzungen und die X-Achse enthält die im Fragebogen enthaltenen Fertigkeiten, welche die Lehrpersonen bei der Erhebung beurteilten. Es zeigt, dass die Resultate in zwei Hauptgruppen bezüglich des Grades der Zustimmung zerfallen. So liegt die Zustimmung bei den Aussagen "Die Schülerinnen und Schüler lernen selbständiger", "Die Schülerinnen und Schüler kennen ihre eigenen Stärken und Schwächen", "Die Schülerinnen und Schüler kennen Lernstrategien" und "Die Schülerinnen und Schüler setzen Lernstrategien bewusst ein" zwischen den Werten 1.66 und 1.71. Die übrigen vier Aussagen finden zwar ebenfalls mehrheitlich Zustimmung, aber bei weitem nicht so deutlich.

Diagramm 23: Mittelwerte der Einschätzungen bezüglich Erfahrungen

Im Diagramm 24 werden die Einschätzungen im Bezug auf die Standardabweichung miteinander verglichen. Die Standardabweichung ist ein Mass für die Streuung der einzelnen Werte in Bezug auf einen Mittelwert.

Die Y-Achse von Diagramm 24 beschreibt die Standardabweichung der jeweiligen Einschätzungen und die X-Achse wiederum die im Fragebogen enthaltenen Fertigkeiten. Die Aussagen "Die Schülerinnen und Schüler lernen selbständiger", "Sie kennen eigene Lernstrategien" und "Sie setzen Lernstrategien bewusst ein" weisen vergleichsweise kleine Standardabweichungen auf. Die Lehrkräfte sind sich also bezüglich der Einschätzung der Wirksamkeit von metakognitiven Unterrichtsformen in den entsprechenden Bereichen relativ einig. Die grösste Standardabweichung zeigt sich bei der Einschätzung "Die Schülerinnen und Schüler werden teamfähiger".

Diagramm 24: Standardabweichung der Einschätzungen bezüglich Erfahrungen

6.3.1.2     Interpretation zu den Erfahrungen

In den Kreisdiagrammen sowie in Diagramm 23 zeigt es sich, dass die Einschätzungen der Lehrpersonen mehrheitlich bestätigen, dass sich bei der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen positive Auswirkungen bezüglich verschiedener Fertigkeiten einstellen.

Diagramm 24 zeigt allerdings, dass sich die Lehrpersonen bezüglich der Wirksamkeit von metakognitiven Unterrichtsformen nicht gleich einig sind. Die vergleichsweise kleinen Standardabweichungen bei den Fertigkeiten "Die Schülerinnen und Schüler lernen selbständiger" "Die Schülerinnen und Schüler kennen eigene Lernstrategien" und "Die Schülerinnen und Schüler setzen Lernstrategien bewusst ein" zeigen, dass die Einschätzungen der einzelnen Lehrpersonen bei diesen Aussagen näher beieinander liegen als zum Beispiel bei der Behauptung "Die Schülerinnen und Schüler werden teamfähiger".

Es ist auffällig, dass in Diagramm 23 gerade die ersten vier Aussagen eine so starke Zustimmung finden, während die zweiten vier Aussagen zwar immer noch unterstützt werden, aber bei weitem nicht mehr so vehement. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Reihenfolge der Aussagen, wie sie auf dem Fragebogen aufgeführt waren, sich auch daraus ergab, welche der Thesen uns als erste aufgrund des Literaturstudiums auffiel und für uns am plausibelsten war.

Der Anteil der Lehrkräfte, welche keine Aussage machten oder angaben, sie hätten keine Erfahrungen im Bezug auf die entsprechende These gemacht, fliesst wie erwähnt in die Diagramme 23 und 24 zu Mittelwert und Standardabweichung nicht ein. Dieser Anteil variert zwischen 5% und 13% über die verschiedenen Thesen betrachtet. In der zweiten Hälfte der Aussagen, welche deutlich weniger starke Zustimmung findet, ist der Anteil dabei deutlich höher. Auch hier lässt sich der Trend bezüglich einer grösseren Uneinigkeit bzw. eine grössere Unsicherheit über die eigenen Erfahrungen erkennen.

6.3.1.3     Diskussion zu den Erfahrungen

Die Auswertung zeigt, dass die Mehrheit der Lehrpersonen, welche metakognitive Unterrichtsformen einsetzen, die Aussagen bezüglich der positiven Auswirkungen der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen stützen. Damit lässt sich Hypothese 5 verifizieren. Sie lautet:

Mehr als 50% der Lehrpersonen, welche bereits metakognitive Unterrichtsformen ausprobiert haben, bestätigen, dass die entsprechende Fertigkeit durch die Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen gefördert wird.

Die Ergebnisse sowie die diversen interessanten €usserungen bezüglich weiterer Fertigkeiten unter der Rubrik "Sonstige" bestätigen die Ansicht von Guldimann (1996), wonach Lernexpertinnen und –experten Lernstrategien kennen, diese gezielt einsetzen können und ihre Stärken und Schwächen reflektieren. Die von uns befragten Lehrpersonen sind auch der festen †berzeugung und sich zugleich in diesem Punkt weitgehend einig, dass die Kinder durch den Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen selbständiger lernen. Dass die Kinder durch die Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen teamfähiger werden, wie es Guldimann (1996) sagt, bestätigen die Lehrpersonen ebenso. Die Meinungen gehen jedoch in diesem Punkt weiter auseinander.

Eine Lehrperson hat unter der Rubrik "Sonstige" darauf hingewiesen, dass es unter den Schülerinnen und Schülern grosse Unterschiede gebe. Während einige Kinder ihr Lernen schon gut reflektieren können, gibt es andere, die damit überfordert sind. Diese Bemerkung können wir gut nachvollziehen. Es ist davon auszugehen, dass die grosse Streuung bezüglich der Leistungsunterschiede, wie sie, wie allgemein bekannt ist, im Bezug auf fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten anzutreffen ist, ebenso beim Nachdenken über das eigene Lernen Gültigkeit hat.


6.3.1.4     Zusammenfassung zu den Erfahrungen

Lehrpersonen, welche metakognitive Unterrichtsformen einsetzen, schätzen den Nutzen der Anwendung solcher Unterrichtsformen bei allen von uns im Fragebogen aufgeführten Fertigkeiten mehrheitlich positiv ein. Damit lässt sich die Hypothese 5 verifizieren, wonach mehr als 50% der Lehrpersonen, welche bereits metakognitive Unterrichtsformen ausprobiert haben, bestätigen, die Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen würden bestimmte Fertigkeiten fördern.

Die Behauptungen, dass die Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen die Schülerinnen und Schüler darin unterstützt, selbständiger zu lernen, eigene Stärken und Schwächen zu kennen und Lernstrategien sowohl zu kennen als auch bewusst einzusetzen, finden dabei besonders starke Zustimmung.

Die Aussagen "Die Schülerinnen und Schüler lernen selbständiger", "Die Schülerinnen und Schüler kennen Lernstrategien" und "Die Schülerinnen und Schüler setzen Lernstrategien bewusst ein" weisen eine kleine Standardabweichung auf. Das bedeutet, dass die Meinungen der einzelnen Lehrpersonen in diesem Punkt nahe beieinander liegen, im Gegensatz zur Standardabweichung der Behauptung "Die Schülerinnen und Schüler werden teamfähiger", welche zeigt, dass sich die Lehrpersonen diesbezüglich uneinig sind.

6.3.2          Hindernisse bei der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen

In diesem Unterkapitel suchen wir Antworten zur Einschätzung der Lehrpersonen bezüglich der Hindernisse beim Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen: Welche Hindernisse tauchten auf? Was hindert die Lehrkräfte daran, metakognitive Unterrichtsarrangements auszuprobieren?

Eigentlich wollten wir an dieser Stelle Unterschiede aufzeigen bezüglich der Hindernisse beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen zwischen Lehrpersonen, welche Erfahrungen mit dem Einsatz solcher Unterrichtformen gemacht haben und Lehrpersonen, welche den metakognitiven Aspekt des Lernens in ihrem Unterricht nicht berücksichtigen. Wir gingen davon aus, dass seitens der Lehrpersonen, die in ihrem Unterricht keine metakognitiven Elemente einsetzen, Vorurteile bezüglich der Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen bestehen, die wir widerlegen wollten. Da aber leider nur fünf der befragten Lehrpersonen angaben, noch nie metakognitive Unterrichtsformen angewendet zu haben, können wir keinen aussagekräftigen Vergleich anstellen und müssen uns daher auf die Beantwortung der Frage beschränken, als wie gravierend die Lehrkräfte, welche metakognitive Unterrichtsformen anwenden, die Hindernisse einschätzen, welche beim Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen auftraten.

6.3.2.1     Analyse der Resultate zu den Hindernissen

Für die Auswertung der folgenden Diagramme haben wir wiederum die Daten von 98 Lehrpersonen verwendet. Die Angaben von Personen, welche noch nie metakognitive Unterrichtsformen angewendet haben, konnten nicht berücksichtigt werden. Unter der Rubrik "Sonstige" sind verschiedene €usserungen bezüglich weiterer Hindernisse eingetragen worden, welche bei der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen entstanden sind. Die Lehrpersonen gaben unter anderem an, dass allzu viel Reflexion auf die Schülerinnen und Schüler schnell demotivierend wirke, dass sie oft den Sinn hinter metakognitiven Arbeitsaufträgen nicht sehen, dass sie der gegenseitige Austausch über ihre Lernerfahrungen langweile und sie zum Beispiel im Arbeitsheft oder beim Arbeitsrückblick stereotype, nichts sagende Sätze formulieren. Eine Lehrperson erwähnte, dass sie unter Zeitdruck sei, den Lehrplan einzuhalten und jemand bemerkte, dass man selber immer darauf bedacht sein müsse, den Einsatz solcher Unterrichtsformen nicht zu vernachlässigen. Eine ISF-Lehrkraft gab zu bedenken, dass die Zeitgefässe im Unterricht sehr eng seien, da manche Kinder nur einmal wöchentlich kommen und sich dadurch kaum eine metakognitive Kultur aufbauen lasse. Eine Lehrperson schliesslich erwähnte, dass der zeitliche Aufwand für die Unterstützung der Kinder beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen im Laufe der Zeit abnehme. Je vertrauter die Kinder mit solchen Unterrichtsformen seien, desto weniger Hilfe bräuchten sie.

Bei der Darstellung der folgenden Diagramme haben wir dieselbe Reihenfolge gewählt, wie bei der Auflistung der Hindernisse im Fragebogen.

Diagramm 25 zeigt, dass 73% der Aussage voll und ganz oder zumindest eher zustimmen, dass der Einsatz von metakognitiven Arbeitsformen viel Zeit kostet. 24% verneinen dies und 3% haben diesbezüglich keine Erfahrungen gemacht oder keine Antwort dazu abgegeben.

Diagramm 25: Beurteilung der Wirksamkeit: "Der Zeitaufwand ist gross"


Diagramm 26 zeigt, dass 48 % der befragten Lehrpersonen der Meinung sind, dass es schwierig ist, beim Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen den †berblick zu behalten. Genau gleich viele hingegen stimmen dieser Aussage entweder eher nicht oder gar nicht zu und 4% geben an, damit noch keine Erfahrungen gemacht zu haben oder geben keine Antwort dazu.

Diagramm 26: Beurteilung der Wirksamkeit: "Es ist schwierig, den †berblick zu behalten"

Diagramm 27 zeigt, dass 43% der Lehrpersonen der Aussage "Die Schülerinnen und Schüler sind überfordert" zustimmen, gegenüber 51% der Lehrpersonen, welche dies verneinen. 6% geben an, keine Erfahrungen gemacht zu haben oder haben keine Antwort abgegeben.

Diagramm 27: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler sind überfordert"


Diagramm 28 zeigt, dass 56% der Lehrpersonen der Aussage zustimmt "Die Schülerinnen und Schüler können sich mündlich oder/und schriftlich zu wenig gut ausdrücken. 36% verneinen diese Aussage und 8% geben an, damit noch keine Erfahrungen gemacht zu haben oder haben keine Antwort gegeben.

Diagramm 28: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler können sich mündlich oder/und schriftlich zu wenig gut ausdrücken"

Diagramm 29 zeigt, dass 76% der befragten Lehrpersonen bestätigen, dass die Schülerinnen und Schüler beim Einsatz von metakognitiven Arbeitsformen viel Unterstützung brauchen. 20% unterstützen diese Aussage nicht und 4% haben damit keine Erfahrungen gemacht oder dazu keine Antwort gegeben.

Diagramm 29: Beurteilung der Wirksamkeit: "Die Schülerinnen und Schüler brauchen viel Unterstützung durch die Lehrkraft"

Diagramm 30 beschreibt, dass 19% der Lehrpersonen der Ansicht sind, dass der Lernzuwachs beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen im fachlichen Bereich kleiner ist, als im lehrergesteuerten Unterricht. 68% verneinen dies und 13 % haben diesbezüglich keine Erfahrungen gemacht oder keine Antwort gegeben.

Diagramm 30: Beurteilung der Wirksamkeit: "Der Lernzuwachs im fachlichen Bereich ist kleiner als im lehrergesteuerten Unterricht"

Die Kreisdiagramme in diesem Unterkapitel zeigen die Einschätzungen der von uns befragten Lehrpersonen bezüglich der Hindernisse bei der Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen. Wir stellen nun Vergleiche zwischen den verschiedenen Einschätzungen an und haben daher wieder die fünf Antwortkategorien, die wir im Fragebogen gewählt haben, mit jeweils einer Ziffer codiert. So entspricht die Aussage "stimmt voll und ganz" dem Wert 1, "stimmt eher" dem Wert 2, "stimmt eher nicht" dem Wert 3, "stimmt gar nicht" dem Wert 4 und die Aussage "keine Erfahrung gemacht" dem Wert 5.

Die Mittelwerte und Standardabweichungen werden nun anhand dieser Werte berechnet. Der Wert 5 wird dabei nicht berücksichtigt. Es werden also nur diejenigen Wortmeldungen berücksichtigt, die entweder eine Zustimmung oder eine Ablehnung beinhalten.


Anhand der Diagramme 31 und 32 stellen wir nun Vergleiche zwischen den verschiedenen Einschätzungen der Lehrpersonen an.

Die Y-Achse von Diagramm 31 zeigt den Mittelwert der jeweiligen Einschätzungen und die X-Achse enthält die einzelnen Hindernisse, zu denen die Lehrpersonen bei der Erhebung Stellung nahmen. Diagramm 31 zeigt, dass die Behauptung "Der Lernzuwachs im fachlichen Bereich ist kleiner als im lehrergesteuerten Unterricht" mehrheitlich verneint wird, ebenso wie die Aussage "Die Schülerinnen und Schüler sind durch metakognitive Unterrichtsformen überfordert". Die Aussagen "Es ist schwierig, den †berblick zu behalten" und "Die Schülerinnen und Schüler können sich mündlich und/oder schriftlich zu wenig gut ausdrücken" werden knapp bejaht. Die Behauptungen "Der Zeitaufwand ist gross" und "Die Kinder brauchten viel Unterstützung durch die Lehrkraft" finden die grösste Zustimmung.

Diagramm 31: Mittelwerte der Einschätzung bezüglich der Hindernisse


Wir stellen nun mit Diagramm 32 einen weiteren Vergleich dar zwischen den verschiedenen Einschätzungen bezüglich der Hindernisse bei der Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen. Die Y-Achse von Diagramm 32 zeigt die Standardabweichung der Einschätzungen und die X-Achse die verschiedenen im Fragebogen dargestellten Hindernisse. Die Werte liegen in einem relativ engen Bereich und es lässt sich keine klare Struktur erkennen. Die Standardabweichung der Aussage "Die Kinder brauchen beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen viel Unterstützung durch die Lehrperson" hebt sich als einzige deutlich von den anderen ab, indem dort die grösste †bereinstimmung in den Antworten der Lehrpersonen sichtbar wird.

Diagramm 32: Standardabweichungen der Einschätzung bezüglich der Hindernisse

6.3.2.2     Interpretation zu den Hindernissen

Die Kreisdiagramme sowie Diagramm 31 zeigen, dass vier der sechs von uns im Fragebogen aufgeführten Aussagen, bejaht, das heisst, als tatsächliche Hindernisse wahrgenommen werden.

In Diagramm 31 fällt auf, dass der Mittelwert der Aussage "Die Schülerinnen und Schüler brauchen viel Unterstützung durch die Lehrperson" klein ist. Dies bedeutet, dass viele Lehrpersonen der Meinung sind, diese Aussage stelle wirklich ein Hindernis dar. Die kleine Standardabweichung bei dieser Aussage in Diagramm 32 gibt dieser Aussage ein noch grösseres Gewicht, da sie besagt, dass sich die Lehrpersonen diesbezüglich zusätzlich sehr einig sind.

In Diagramm 31 fällt zudem der kleine Mittelwert auf zur Behauptung "Der Zeitaufwand ist gross." Dies bedeutet, dass viele Lehrkräfte auch diesen Punkt als grosses Hindernis empfinden. Da die Standardabweichung in Diagramm 32 bei diesem Hindernis allerdings eine der grössten ist, stellen wir fest, dass sich die Lehrpersonen in diesem Punkt wenig einig sind.

Verglichen mit den Mittelwerten aus den Einschätzungen bezüglich der Fertigkeiten wie in Diagramm 23 dargestellt ergeben sich interessante Beobachtungen. Die Zustimmung zur Behauptung, dass der Zeitaufwand gross ist – die stärkste Zustimmung im Rahmen der Frage nach den Hindernissen – ist mit einem Mittelwert von 1.95 immer noch erheblich weniger deutlich als die klarsten Zustimmungen bezüglich der geförderten Fertigkeiten mit einem Wert von 1.66 bis 1.71.

Die Streuung der Antworten ist bei der Frage nach den Hindernissen auffällig grösser als bei der Frage nach den geförderten Fertigkeiten. Der höchste Wert aus Diagramm 24 mit den Standardabweichungen zu den Fertigkeiten ist praktisch gleich gross wie der niedrigste aus Diagramm 32 mit denjenigen zu den Hindernissen. Es besteht also im Ganzen eine wesentlich grössere Heterogenität der Einschätzungen bezüglich der Hinternisse.

6.3.2.3     Diskussion zu den Hindernissen

Insgesamt bestätigen die Lehrpersonen folgende Hindernisse: "Der Zeitaufwand ist gross","Die Schülerinnen und Schüler können sich mündlich oder/und schriftlich zu wenig gut ausdrücken" "Es ist schwierig, den †berblick zu behalten" und "Die Schülerinnen und Schüler brauchen viel Unterstützung durch die Lehrkraft".

Die zwei Aussagen "Es ist schwierig, den †berblick zu behalten" und "Die Schülerinnen und Schüler brauchen viel Unterstützung durch die Lehrkraft" deuten –wie wir bereits gesehen haben– darauf hin, dass die Rahmenbedingungen für metakognitives Arbeiten in einer kleinen Klasse oder Unterrichtsgruppe begünstigt werden. In einer kleinen Klasse ist es einfacher, den †berblick zu behalten und die Lehrperson hat mehr Zeit, die Kinder individuell zu unterstützen. Ein weiteres Hindernis lautet "Der Zeitaufwand ist gross". Wir sind davon überzeugt, dass metakognitives Lernen Zeit braucht. Doch sehen wir es als eine Aufgabe der Schule an, bei den Kindern nicht nur Fachwissen sondern auch das Wissen über das eigene Lernen anzuregen. Diese Haltung widerspiegelt sich auch in den Forderungen nach den Fähigkeiten des "Lebenslangen Lernens", wie sie heute ausserhalb der Schule ebenfalls präsent sind.

Der Aussage "Die Schülerinnen und Schüler können sich mündlich oder/und schriftlich zu wenig gut ausdrücken" können wir entgegnen, dass sich durch metakognitives Lernen viele Gelegenheiten ergeben, dies zu üben. Verboom (2004) schreibt, dass sich Verstehen sprachlich vollziehe. Immer wieder werde sie von Kolleginnen und Kollegen auf die Schwierigkeiten beim Versprachlichen von Sachverhalten hingewiesen. Dem entgegnet sie, dass es umso wichtiger sei, die mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit der Kinder von Anfang an kontinuierlich zu fördern und ihnen die benötigten Begriffe gezielt an die Hand zu geben. Wir wiederholen an dieser Stelle noch einmal die Aussage einer Lehrperson, welche in der Rubrik "Sonstige" bei den Erfahrungen bezüglich der Fertigkeiten ergänzte, dass sich durch die Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen die Sprachkompetenzen der Kinder erweitern. Ein weiteres Argument zur Entkräftung dieser Aussage findet sich im Kapitel 6.2.5. Dort wird aufgezeigt, dass in Klassen mit einem grossen Anteil von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache die Anwendung von metakognitiven Unterrichtsformen durchaus nicht weniger häufig stattfindet als in Klassen mit einem niedrigen Anteil, was die Relevanz dieses Hindernisses zumindest in Frage stellt.


Die Hypothese zu den gestellten Fragen lautet:

Lehrpersonen, welche noch nie metakognitive Unterrichtsformen angewendet haben, schätzen die Hindernisse höher ein als Lehrpersonen, welche bereits Erfahrungen mit solchen Unterrichtsformen gesammelt haben.

Wie in der Einleitung zu diesem Kapitel beschrieben, können wir Hypothese 6 nicht veri- bzw. falsifizieren, da wir zu wenige Daten von Lehrpersonen besitzen, die noch nie metakognitive Unterrichtsformen verwendet haben.

Wir möchten aber trotzdem die Einzelmeinungen dieser Lehrpersonen zu dieser Frage in Bezug auf ein bestimmtes Hindernis darstellen. Es ist nämlich sehr interessant, dass alle fünf Lehrpersonen angeben, sie befürchten, dass beim Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen viel Unterstützung nötig sei. Diese Befürchtung deckt sich mit einer Hinderniserfahrung, die Lehrpersonen bestätigen, die metakognitive Unterrichtsformen tatsächlich anwenden.

Das Bedürfnis nach viel Unterstützung durch die Lehrkraft scheint bei der Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen eine Schwierigkeit darzustellen. Es stellt sich die Frage, ob diese Aussage hauptsächlich für eine "Einführungsphase" Gültigkeit hat und sich über einen längeren Zeitraum gesehen abschwächt oder ob sie für die Arbeit mit metakognitiven Unterrichtsformen ganz generell gilt. Wir fügen hier noch einmal die Meinung einer Lehrperson an, welche unter der Rubrik "Sonstige" erwähnte, dass die Kinder die Unterstützung beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen je länger je weniger benötigten.

6.3.2.4     Zusammenfassung zu den Hindernissen

Insgesamt stossen die Aussagen "Der Lernzuwachs im fachlichen Bereich ist kleiner als im lehrergesteuerten Unterricht" und "Die Schülerinnen und Schüler sind überfordert" bei den Lehrpersonen, welche metakognitive Unterrichtsformen anwenden, auf Ablehnung. Die restlichen vier Aussagen werden durch die Lehrpersonen mehrheitlich bestätigt, das heisst, als effektive Hindernisse angesehen. Die Behauptungen "Der Zeitaufwand ist gross" und "Die Kinder brauchen viel Unterstützung durch die Lehrperson" finden speziell grosse Zustimmung.

Die Standardabweichung der Aussage "Die Kinder brauchen beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen viel Unterstützung durch die Lehrperson" ist am kleinsten. Die Lehrpersonen sind sich also einig darin, dass die Kinder beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen grosse Unterstützung brauchen, was diesem Punkt ein besonderes Gewicht verleiht. Zudem ist es interessant, dass alle fünf Lehrpersonen, welche keine metakognitiven Unterrichtsformen anwenden, diesen Punkt ebenfalls als Hindernis einschätzten.


6.4            Weitere Ergebnisse

Die Resultate, wie wir sie bisher in diesem Kapitel präsentiert haben, wurden hauptsächlich im Hinblick auf unsere Hypothesen betrachtet. Die Antworten der Lehrkräfte lassen sich aber noch im Bezug auf viele weitere Kriterien und Fragen hin auswerten, von denen wir einzelnen in diesem Unterkapitel noch nachgehen werden. Viele weitere Fragen und Folgefragen, wie auch Querverbindungen zwischen einzelnen Punkten, die ebenfalls interessant gewesen wären, werden allerdings noch offen bleiben, da der Rahmen dieser Arbeit ansonsten gesprengt würde.

Ein Thema, das wir in diesem Unterkapitel noch aufgreifen, ist die Frage, inwiefern die Anzahl Jahre Berufserfahrung einen Einfluss auf den Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen hat. Eine weitere Frage betrifft das Geschlecht der Lehrpersonen, die auf unseren Fragebogen geantwortet haben. Lässt sich dort eine einheitliche Tendenz bezüglich des Einsatzes von metakognitiven Unterrichtsformen erkennen?

Diese Resultate werden nun dargestellt, interpretiert und abschliessend zusammengefasst.

6.4.1          Aspekt Berufserfahrung

Bezüglich dieses Aspektes interessiert uns, ob die Anzahl Jahre Berufserfahrung einen Einfluss auf den Einsatz von metakognitiven Unterrichtsformen haben.

6.4.1.1     Analyse der Resultate zum Aspekt Berufserfahrung

Für Diagramm 33 verwendeten wir die Angaben von 96 Lehrpersonen. Lediglich die Angaben der fünf Lehrpersonen, welche keine Erfahrung beim Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen gemacht haben sowie diejenigen von zwei Lehrpersonen, die keinen Eintrag zur Anzahl Berufsjahre gemacht haben, konnten wir nicht berücksichtigen. Zur ersten Gruppe, welche 0-10 Jahre in diesem Beruf arbeitet, gehören 38, zur 2. Gruppe mit 11-20 Dienstjahren 35 und zur 3. Gruppe mit über 20 Jahre Schulerfahrung 23 Lehrpersonen.

Die Y-Achse von Diagramm 33 zeigt die Häufigkeit des Einsatzes metakognitiver Unterrichtsformen gemäss Index und die X-Achse die Zugehörigkeit zur Gruppe bezüglich der Anzahl Jahre Berufserfahrung.

†ber den ganzen Zeitraum gesehen lässt sich von der Gruppe, die den Start ins Berufsleben noch nicht so lange hinter sich hat, verglichen mit den Lehrkräften, die schon lange unterrichten eine leicht steigende Tendenz feststellen. Das Diagramm zeigt überdies, dass der Einsatz metakognitiver Elemente mit Ausnahme der Unterrichtsformen "Metakognitives Fragen" "Arbeitsrückblick" und "Ich lerne lernen" von der ersten zur zweiten Gruppe abnimmt. Wenn man die zweite Gruppe mit der dritten Gruppe vergleicht, stellt man fest, dass die Häufigkeit der Anwendung mit Ausnahme des Ausführungsmodells und der Klassenkonferenz wieder steigt.

Diagramm 33: Häufigkeit der Anwendung unter dem Aspekt Anzahl Jahre Berufserfahrung

6.4.1.2     Interpretation zum Aspekt Berufserfahrung

Tendenziell stellen wir bei Lehrpersonen, welche bereits 11-20 Jahre im Berufsalltag stehen, in Bezug auf den Einsatz metakognitiver Unterrichtsformen eine gewisse Sättigung fest. Wir versuchen uns diese Beobachtung folgendermassen zu erklären. Motivierte junge Lehrpersonen lassen sich gerne auf neue Unterrichtsideen ein. Es stellt sich nun die Frage, ob die Lehrpersonen, welche der zweiten Gruppe angehören, mit den Ideen der Metakognition eventuell weniger in Berührung gekommen ist, da sie ihre Berufsausbildung zu einem Zeitpunkt absolviert haben, als dieser Forschungszweig noch kein Thema in den Grundausbildungen war. Gegen diese Vermutung spricht die Analyse der Frage, welche der metakognitiven Unterrichtsformen den befragten Lehrpersonen bekannt sind. Dabei zeigt sich, dass die erste und die zweite Gruppe im Durchschnitt praktisch gleich viele Unterrichtsformen als bekannt angeben[10]. Eine andere Vermutung wäre, dass sich die metakognitiven Unterrichtsformen im Unterricht nicht bewähren und die Lehrkräfte der zweiten Gruppe sie deshalb weniger häufig anwenden. Dagegen spricht wiederum der Anstieg der Häufigkeit, wie er im Vergleich dazu bei der dritten Gruppe zu erkennen ist. Vielleicht hat diese mittlere Gruppe aber auch ihr Repertoire an bewährten Unterrichtsformen gefunden, die ihnen entsprechen, und zeigt wenig Motivation, sich auf Neues einzulassen.

Uns überrascht die Gruppe von Lehrpersonen mit über 20 Jahren Berufserfahrung. Diese Lehrkräfte haben bereits sehr viel Berufserfahrung. Andererseits ist für die meisten dieser Lehrkräfte wohl klar, dass sie auch in diesem Beruf bleiben werden, während Lehrpersonen mit kürzerer Berufserfahrung eher auf Veränderungen in verschiedene Richtungen (Weiterbildungen, Einstieg in Schulleitungen, Ausstieg aus dem Lehrberuf) rechnen. Zusätzlich ist das Bewusstsein über die noch verbleibenden Berufsjahre wohl auch nicht so ausgeprägt wie bei der dritten Gruppe. Insofern ist für sie ein grundsätzliches †berdenken der eigenen Lehrmethodik weniger drängend. Für die Gruppe mit der meisten Berufserfahrung ergibt sich daraus die Notwendigkeit, einen erneuten Effort zu leisten, den eigenen Unterricht zu überdenken. Auf der Suche nach einem wirkungsvollen Unterricht, der befriedigt, bieten sich die metakognitiven Unterrichtsformen als ein alternativer Weg der "Wissensvermittlung" an.

Wir haben versucht, durch die Bildung von anderen Gruppen (z.B. jeweils fünf Jahre Berufserfahrung gebündelt) und durch die Verknüpfung dieser Resultate mit den Fragen nach den eigenen Erfahrungen diese oben beschriebenen Thesen zu erhärten, wobei das Bild dann aber zunehmend diffuser wurde und keine klaren Tendenzen zu erkennen waren. Das entsprechende Diagramm dazu ist auf der CD-Rom unter "Häufigkeit der Anwendung" ˆ "Aspekt Berufserfahrung (5-Jahres Intervall)" einsehbar.

6.4.1.3     Zusammenfassung zum Aspekt Berufserfahrung

Unsere Erhebung zeigt, dass die Häufigkeit der Anwendung metakognitiver Elemente zur Hauptsache im Alterspektrum der Lehrpersonen, die 10-20 Jahre im Berufsalltag stehen, einen Knick aufweist. Uns überrascht dabei die Gruppe von Lehrpersonen, welche bereits über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung aufweist und häufiger metakognitive Unterrichtsformen anwendet als Lehrpersonen mit weniger Berufserfahrung. Könnte es daran liegen, dass Lehrpersonen mit der Perspektive längere Zeit im Berufsalltag zu stehen ihren Unterricht kritisch überdenken und nach alternativen Unterrichtsformen suchen?

6.4.2          Aspekt Geschlecht

In diesem Unterkapitel gehen wir der Frage nach, ob das Geschlecht einen Einfluss auf die Häufigkeit der Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen hat.

6.4.2.1     Analyse der Resultate zum Aspekt Geschlecht

Für die Auswertung bezüglich des Aspektes Geschlecht in Diagramm 34 verwendeten wir die Daten von insgesamt 97 Lehrpersonen. Einzig die Angaben der fünf Personen, welche noch nie metakognitive Unterrichtsformen angewendet haben und diejenigen von einer Lehrkraft, welche ihr Geschlecht nicht angegeben hat, konnten wir nicht berücksichtigen.

Die Y-Achse zeigt die Häufigkeit des Einsatzes gemäss Index und die X-Achse die verschiedenen von uns im Fragebogen aufgeführten Unterrichtsformen. Die Unterrichtsformen "Ich lerne lernen" und "Lernpartnerschaft" werden von männlichen Lehrpersonen häufiger angewendet, während Lehrerinnen die Unterrichtsformen "Arbeitsrückblick", "Ausführungsmodell" "Metakognitives Fragen" und das "Selbstinstruktionstraining" öfter anwenden als ihre männlichen Kollegen. Bei den Unterrichtsformen "Arbeitsheft", "Klassenkonferenz" und "Metakognitives Interview" sind bezüglich des Geschlechts der Lehrpersonen keine wesentlichen Unterschiede feststellbar.

Diagramm 34: Häufigkeit der Anwendung unter dem Aspekt Geschlecht

6.4.2.2     Interpretation zum Aspekt Geschlecht

Insgesamt können wir bei Diagramm 34 keine Tendenzen feststellen. Die einen Unterrichtsformen werden eher von Lehrerinnen, andere eher von Lehrern bevorzugt und bei manchen sind kaum Unterschiede zu beobachten. Es lässt sich unserer Meinung nach nichts Schlüssiges darüber aussagen, ob nun männliche oder weibliche Lehrpersonen häufiger metakognitive Lernformen in ihrem Unterricht anwenden.

Auch die Auswertung der Diagramme zu den einzelnen Unterrichtsformen mit den Rohdaten vor der Umrechnung auf den Index ergibt keine weiteren Resultate. Diese Diagramme sind auf der CD-Rom unter "Häufigkeit der Anwendung" ˆ "Aspekt Geschlecht der Lehrperson" ersichtlich.

Dazu kommt noch, dass unter den Lehrpersonen, welche den Fragebogen beantwortet und darüber hinaus metakognitive Unterrichtsformen anwenden, nur 18 Männer sind, was eine zu geringe Anzahl darstellt um zuverlässige Aussagen machen zu können.

6.4.2.3     Zusammenfassung zum Aspekt Geschlecht

Im Bezug auf den Aspekt Geschlecht haben wir bei der Anwendung metakognitiver Unterrichtsformen keine Tendenzen feststellen können. Es scheint, dass das Geschlecht kein Unterscheidungskriterium bezüglich der Häufigkeit der Anwendung der metakognitiven Unterrichtsformen darstellt.



[1] Nach Kaiser und Kaiser (1999) ist metakognitives Denken eine Grundqualifikation und wird daher als Protokompetenz bezeichnet.

[2] Durchschnittliche Klassengrössen gemäss "Die Schulen im Kanton Zürich, 2004/05" der Bildungsdirektion des Kantons Zürich, Ausgabe 2005, Themen Klassengrössen, Altersverteilungen

 

Schulstufe

Durchschnittliche Klassengrösse

 

Schulstufe

Durchschnittliche Klassengrösse

Primarstufe Unterstufe

20.4

 

Oberstufe Sek B/G

18.0

Primarstufe Mittelstufe

20.6

 

Oberstufe Sek C

12.5

Primarstufe Kleinklasse

10.6

 

Oberstufe Kleinklasse

10.6

Oberstufe Sek A/E

19.7

 

 

 

 

[3] Unter der Bezeichnung Kinder mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) verstehen wir Schülerinnen und Schüler, die ursprünglich eine andere Sprache als Deutsch gelernt haben und zu Hause mehrheitlich diese andere Sprache sprechen. Die Schulsprache ist deren Zweitsprache. Es kann sein, dass sie in der Schweiz geboren sind, seit einigen Jahren hier leben oder erst kürzlich eingereist sind.

[4] Diese Information entnehmen wir dem Vernehmlassungsentwurf zur neuen Volksschulverordnung des Kantons Zürich, Abschnitt Schulbetrieb, ¤ 20, vom 20.7.05.

[5] Zwei Mal wöchentlich würde einem Indexwert von 0.4 entsprechen.

[6] Die beiden Kategorien "nie" und "keine Antwort" werden im Folgenden jeweils zusammengefasst. Wir interpretieren dabei die Aussage, dass jemand gar keine Häufigkeit auswählt als Aussage, dass diese Unterrichtsform weder täglich, 2-3 Mal wöchentlich, wöchentlich, noch monatlich benützt wird.

[7] In diesem Fall lässt sich nicht eruieren, auf welchen Teil der Tätigkeit sich die gemachten €usserungen beziehen.

[8] Der durchschnittliche Anteil von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache beträgt gemittelt über alle Regelklassen 29%, gemittelt über alle Klassen und Gruppen aus dem heilpädagogischen Umfeld 42%.

[9] Rüesch (1999) schreibt, dass man in der Fachliteratur unter direkter oder aktiver Instruktion ein Unterrichtsverhalten versteht, dessen Charakteristika die maximale Ausnutzung der Lernzeit und ein durch die Lehrperson gesteuertes Lerngeschehen sind.

[10] Während die Bekanntheit bei der ersten und bei der zweiten Gruppe praktisch gleich ist, ergibt sich für die dritte Gruppe auch im Bezug auf die Bekanntheit, analog zur Häufigkeit der Anwendung, ein höherer Wert.